Neubau eines Hotels

Retreat-Hotel mit Natureness-Konzept und identitätstiftender Architektur

Ziel unseres Bauherrn war es ein Konzept für ein Naturness- und Entschleunigungs-Hotel zu entwickeln, welches maximal mit seiner naturellen Umgebung interagiert. Dadurch soll auf die Erfordernisse und Anforderungen des, in einer immer mehr überladenen und schnelleren Welt lebenden, Gastes der Zukunft reagiert werden.

 

An den alten Geist der einstiegen Kurstadt zur Erholung gesellschaftlicher Leistungsträger knüpft nun das Hotelkonzept an und stellt sich kontemporären Herausforderungen unser heutigen Arbeitswelt. Nach den früheren Zeiten der Kuren für den geschundenen Körper soll nun ein prophylaktisches Konzept gegen den geschundenen Geist (burnout-Prophylaxe) geschaffen werden. Die Hotelanlage besteht aus einem Haupthaus, 3 externen Lodges, einem Heizhaus sowie einem Pavillon.

 

Das Haupthaus mit 46 Zimmern und seinen öffentlichen Bereichen besitzt im Untergeschoss unter anderem einen unbeheizten, unterirdischen Spabereich, welcher sich über einen Aufgang mit dem erdgeschossigen Pavillion („senses house“) im Gartenbereich verbindet. Angrenzend befindet sich der große gemeinschaftliche Biopool mit Außenbereich sowie drei exklusive Gäste-Lodges mit eigenen kleinen privaten Biopools und Garten.

 

HOLZ TRIFFT BETON – DAS BESTE AUS ZWEI WELTEN
Es geht bei diesem Konzept nicht um die Schaffung eines weiteren großmaßstäblichen, „greengewashten“ Holzbauprojektes. Es geht vielmehr darum Material konsequent unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit mit möglichst regionaler Wertschöpfungskette bezüglich seiner materialspezifischen Stärken einzusetzen und dabei die Grenzen der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Materials sowie das Spektrum des Einsatzzweckes zu erweitern.

 

Ziel des Projektes ist es auch an dieser Stelle Mut zu schenken, weg von technolgie- und industriegetriebenen Konstruktionen und Bauteilen zur Förderung lebenszyklischer, materialgerechter und handwerklicher Konstruktionen mit regionalen, natürlichen Materialien hin zur grundsätzlichen Akzeptanz, dass natürliche Materie stets imperfekt ist.

 

Die Topographie des Baugeländes inmitten der voralpenländischen Moränenlandschaft des bayerischen Oberlandes sowie der angrenzende Stadtwald über der reißenden Isar prägten den Entwurf des Hotels. Die einzelnen Gebäude der Anlage wurden dabei so in die Hügellandschaft eingefügt, dass der Eingriff in das Gelände auf ein Minimum reduziert und der ursprüngliche Verlauf des Geländes wieder hergestellt werden konnte. Mittels optimierten Erdmanagements wurde erreicht, dass während des Bauprozesses kein Aushub abgefahren werden musste und stattdessen an Ort und Stelle wiedereingebaut werden konnte.

 

Erdberührte Teile sind dabei aus sichtbar belassenem Beton (keine Sichtbetonklassifizierungen, ohne weitere Schichten) gefertigt. Sie zeigen die Spuren des Verarbeitungsprozesses und wurden stellenweise lediglich handwerklich überarbeitet (scharriert, gestockt, sandgestrahlt). Die oberirdischen Außenwände des Gästetraktes wurden in Holzrahmenbau mit bereits eingebauten Fenstern maximal vorfabriziert. Zusammen mit den Betonfertigteildecken, welche aus Schall- und Brandschutzgründen mit integrierter Haustechnikversorgung einen Vorteil gegenüber einer holzbasierten Lösung darstellten, trugen sie maßgeblich dazu bei, das Gebäude in rund 17 Monaten bezugsfertig stellen zu können. Die Konstruktion des öffentlichen Bereichs folgt dem Fügungsprinzip des Fassadengerüstes und besteht aus einer Kombination aus Holzskelettbau und Brettsperrholzdecken.

Die hölzerne Fassadenkonstruktion aus dem vermeintlich „geringwertigen“, heimischen Fichtenholz übernimmt neben gestalterischen und narrativen auch bauphysikalische Aufgaben. Durch eine weiterentwickelte, vernakuläre Konstruktionsfügung, bei der die Schwachstellen des Baustoffes Holz unter Verwendung neuester Materialerkenntnisse (PU-Abdichtung der Hirnholzflächen) optimiert wurden, konnte mit Hilfe der Bauherrschaft ein Prototyp (Gebäudetyp E) geschaffen werden, welcher auf energieintensive Metallabdeckungen der Holzteile verzichten kann und stattdessen aus Nachhaltigkeitsgründen auf eine sortenreine, lebenszyklische Bauweise aus regionalem Baumaterial in archaischer Fügung mit einfacher handwerklicher Revisionierbarkeit setzt.

 

Die Fassade ist dabei inspiriert vom dahinterliegenden Stadtwald und seiner strukturellen Tektonik. Die langen vertikalen Holzstützen mit ihren horizontalen Balken, welche die vertikalen Stützen dreidimensional zu einem Geflecht verbinden symbolisieren dabei die einzelnen Bäume des Waldes, die sich über ihr horizontal ausdehnendes Astwerk miteinander zu einem dreidimensionalen Gefüge (den Wald) verbinden.

 

Dieses Thema haben wir in unserer Fassadengestaltung aufgegriffen und wollen mit dem Projekt im Sinne des „low-tech“-Prinzips aufzeigen wie durch bionische Architektur mit natürlichen regionalem Material anstelle von Technik physikalische Anforderungen, welche an das Gebäude gestellt werden, gelöst werden können. Durch das skelettartige Fassadengerüst aus heimischem Holz, welches das Gebäude allseitig umrahmt, werden unter anderem Anforderungen des Sonnenschutzes sowie der energetischen Optimierung (Klimaregulierung) gelöst. Die Sonnenstrahlen der hochstehenden Sommersonne brechen sich an der Fassade und sorgen im Zusammenspiel mit den Außenvorhängen, welche an dem Fassadengerüst befestigt sind und zusätzlich den individuellen Schutz der Privatsphäre sicherstellen, für den sommerlichen Wärmeschutz. Dadurch soll anstelle einer vollautomatisierten, rein technischen Lösung (Klimaanlage) die Eigenverantwortlichkeit des Nutzers wieder mehr in den Fokus gerückt werden. Unterstützt wird diese Lösung durch eine geringfügige, wasserbasierte Kühlung (ähnlich Prinzip „umgedrehte“ Fußbodenheizung) der Betonfertigteildecken, welche rein durch die Kraft der Sonne mittels Photovoltaikanlage (ca. 70KW) bauteilaktiviert betrieben werden kann.

Die Beheizung der Hotelanlage erfolgt per Nahwärme über ein zentrales Heizhaus. Dieses beherbergt eine Hackschnitzelanlage, welche im Sinn einer regionalen Kreislaufwirtschaft von Land- und Forstwirten der Umgebung mit Resten der Forstwirtschaft befüllt wird.

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