Arzthaus mit Seminarraum

Gewinner des Sonderpreises für Baukultur der Metropolregion München 2018

Publikationen:
Mikado – Fachzeitschrift für Holzbau, Süddeutsche Zeitung, Tölzer Kurier, BKI – Neubaubuch 2018, Isar-Loisachbote, Objekt des Monats Juni´16 Geocell, Cover Bauen&Sparen Verlag Ausgabe 19/20

Lage

Das Arzthaus liegt inmitten einer traditionell-bäuerlich geprägten Dorfstruktur, circa 30km südlich von München, Oberbayern. Lediglich einen halben Quadratkilometer groß ist die bebaute morphologische Struktur, welche sich an dem Lauf eines der Isar gegenläufigen Baches entlang entwickelt hat. Der Wunsch der Bauherrschaft war es, ein altes und heruntergekommenes „Backhäuschen“ in einer aufgegebenen Hofstelle durch einen Neubau zu ersetzen. Darin sollte im Erdgeschoss eine Arztpraxis und im Obergeschoss ein vermietbarer Seminarraum Platz finden.

 

Intention

Der Entschluss der Bauherrn, eine Dorfpraxis zu errichten, deckt sich mit den ideellen Ansprüchen und Credos unseres Büros hinsichtlich nachhaltiger städtebaulicher Entwicklung und sozialer Nachhaltigkeit. Dem demographischen Wandel durch Angebote und Stärkung des sozialen Gefüges entgegenzuwirken und somit die Regionalität zu fördern, ist unseres Erachtens nach ein Hauptbestandteil der wahren Nachhaltigkeit. Ziel war auch eine möglichst flexible Struktur zu kreieren um auf zukünftige, gegebenenfalls auftretende Anforderungen an Nutzungsveränderung möglichst kostengünstig und mit minimalem Aufwand reagieren zu können. Das Gebäude wurde deshalb als umfunktionierbares Wohnhaus konzipiert.

 

Architektur

Intention des Entwurfes war es eine neu interpretative Hülle des ehemaligen “Backhauses” zu schaffen. Die Situierung inmitten der aufgelassenen Hofstelle verlangte nach einer sensibilisierten Volumen- und Formfindung. Ein visuell und körperlich reduktiver Baukörper, in der Hofstellenhierachie unterordnender Stellung mit Bezug zur öffentlichen Straße und zur hiesigen, voralpenländischen Baukultur bei gleichzeitig ablesbarer baukultureller Evolution. Die Form dieses vernakulären Bautyps, der Einsatz von Materialität und die Ausbildung von Bauteilen folgt einer jahrhundertealten handwerklichen Erkenntnis und Erfahrung über regionale klimatische Gegebenheiten und Materialressourcen. Das Gebäude soll als zeitgeistiger Baukörper mit der Allgemeinheit dienlicher Nutzung neues Leben in die ehemaligen Hofstelle bringen und gleichzeitig das soziale Gefüge des Dorfes stärken. An der südlichen Giebelseite erfolgt eine erdgeschossige Zäsur mittels Gebäudeeinschnitt. Durch diesen volumetrischen Einschnitt wird der Straßenraum räumlich in das Gebäude eingebunden um seine Nutzung mit dem öffentlichen Flächen zu verknüpfen.

 

Ökologisches Konzept

Durch eine konsequente Verwendung von langlebigen, qualitativ hochwertigen, ökologischen Baustoffen in allen Bauteilen, welche vielmals durch Überarbeitung eine Verlängerung der Lebenszeit erhalten können, beschränken sich die zu erwartenden Instandhaltungskosten auf ein Minimum. Die Holzoberflächen sowie Sichtestrich- und Betonflächen können einfach durch Abschleifen der verschlissenen Nutzschicht erneuert werden. Die Fassadenkonstruktion und deren Bauteile sind simpel, fast archaisch gefügt und bei vielen Bauteilen der Austausch bereits vorgesehen (Fenstereinrahmung/- bretter, Glastausch der Fenster). Durch die vielmals reversible Befestigung einzelner Komponenten wird ein Austausch erleichtert, die Kosten minimiert und die Lebensdauer des Gesamtgebäudes optimiert. Die Verwendung von wenigen, sortenreinen, trennbaren, natürlichen und naturbelassenen Materialien und der überwiegende Verzicht auf Verbundwerkstoffe in Kombination mit der vorfabrizierten Modulbauweise ergeben ein überdurchschnittlich gutes, kreislauffähiges Gebäude. Die reversible Konstruktion vieler Bauteile erleichtert den Aufwand (Montage/Instandhaltung/ Rückbau/Recycling) erheblich und bietet die Möglichkeit der Wiederverwendung.

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