3 in 1 Rathaus
Cafe, Bistro und Hotel

Umbau einer ehemaligen Gaststätte

Aufgrund ökonomischer, soziokultureller und städtebaulicher Aspekte war der Erhalt des voluminösen, prägnanten Gebäudes der ehemaligen Gaststätte von größter Bedeutung für die örtliche, dörflich-geprägte Struktur. Das städtebauliche Konzept zur Dorfentwicklung des Ortes beinhaltet deshalb den Erhalt und die Aktivierung des leerstehenden Gebäudes.

Das zentrale, geschichtsträchtige Gebäude wurde mit drei unterschiedlichen Nutzungen angereichert, welche maßgeblich zur Ortskernbildung beitragen. Der daraus enstehende Impulseffekt soll ein Initialpunkt für eine kontextuelle Belebung darstellen und dem demographischen Wandel sowie dem sogenannten „Ausbluten“ ländlicher Regionen positiv entgegenwirken.

Das architektonische Konzept sieht dabei den Erhalt der drei traditionellen Hauptfassaden, sowie die Ablesbarkeit der funktionalen Diversität an deren bereits bestehenden drei Eingangssituationen (Nord, Süd und West) vor. Die Eingriffe in die Substanz waren so geplant, dass sie stockwerksweise nach oben hin abnahmen um die proportional dazu steigenden Kosten zu minimieren.

Der nur noch teilweise vorhandene ursprüngliche Mittelflur des Gebäudes wurde als „wiederbelebte“ Erschließungsstruktur durch das gesamte Gebäude geführt und rückt die typologische Identität und Herkunft der bestehenden Substanz in den Mittelpunkt.
Angegliedert an dem verlängerten Mittelflur im nördlichen Teil des Gebäudes sind die Räumlichkeiten der Gemeindeverwaltung situiert. Die transparent gehaltenen Trennwände zum Mittelflur erzeugen ein lichtdurchflutetes Zentrum und sorgen trotz der eher geschlossenen, typologisch strigenten Lochfassade der Außenwände im Innenraum für zeitgemäße Lichtverhältnisse und einer symbolischen zeitgemäßen Vermittlung politischer Transparenz. Ein 55m2 großer Eingangsbereich ist als multifunktionaler, öffentlicher Raum gedacht, welcher von Vereinen /der Bevölkerung für Veranstaltungen und Ausstellungen aber auch als touristischer Informationspunkt genutzt werden kann.

Im südlichen, dem der Sonne zugewandten Teil des Gebäudes entstand ein Café / Bistro mit Barbetrieb und kleinem Außenbereich. Die Gastronomie erweitert sich über Teile des Obergeschosses und bildet dort eine funktionale Schnittstelle zur Beherbergungsnutzung des Ober- und Dachgeschosses. Die teilweise herausgeschnittenen Decken im Gastronomiebereich des Obergeschosses mit den daraus resultierenden Lufträumen erzeugen im Erd-und Obergeschoss einzigartige, zeitgemäße Licht- sowie Raumverhältnisse, welche zur Marken- und Identitätsbildung (Alleinstellungsmerkmal) der Gastronomie beitragen.

Die bestehende Eingangstür an der westlichen Straßenseite (ehemaliger Haupteingang Gasthof Post) wird zur zukünftigen Eingangsituation für Übernachtungsgäste und Bewohner der Wohnungen im Ober- und Dachgeschoss. Dahinter entstand aus Erschließungs- und Brandschutzgründen ein neues Treppenhaus worüber Gäste und Bewohner zu ihren Zimmern beziehungsweise Wohnungen gelangen können.

Das neue Treppenhaus ist zu den Fluren der einzelnen Geschosse hin verglast, sorgt damit in den Fluren für ausreichend Tageslicht und steigert die innerräumliche Qualität. In den oberen zwei Etagen befinden sich vierzehn Übernachtungszimmer und drei Wohnungen. Durch den sukzessiven Entwicklungs- und Expansionsprozess hat das Gebäude über die Jahre an seiner ursprünglichen Qualität und seinem Ausdruck verloren gehabt. Die typologische, strigente Tektonik der Fensterreihung im gleichbleibenden Format wurde bei den An- und Umbaumaßnahmen zerstört und das traditionelle Erscheinungsbild verfälscht.

Prägende, ordnende und gliedernde Stilelemente wie Bossen, Gesimse und Sockel waren am Bestandsgebäude nicht mehr vorhanden. Ziel des Konzeptes war eine architektonische Rückführung (Rekonstruktion) der Ansichten auf die ursprünglichen Fassadenbilder. Abhanden gekommene Stilelemente wurden wieder angebracht und an der Nordansicht (zukünftiger Gemeindeeingang) mit einem zeitgemäßen, repäsentativen kommunalen Erscheinungsbild in Einklang gebracht. Die städtebauliche Signifikanz aufgrund der Platzierung, Situierung und Orientierung der Fassade verleiht dabei dem zukünftigen Rathaus seine nötige Präsenz in zentraler Lage.

Die Ansichten Ost und West wurden durch Fenster in der rhytmischen, strigenten Tektonik der Lochfassade erweitert und auf das alte, traditionelle Bild zurückgeführt. Dabei schaffen einheitlich gestaltete Fenster ein Erscheinungsbild, welches das Gebäude wieder als „ein Ganzes“ erkennen lässt.

Durch die landschaftlich starke Präsenz des Außenraumes herrscht im Innenraum eine materialkonzeptionelle Reduktion, um nicht mit den starken Bildern / Eindrücken des Außenraumes zu konkurrieren. Bei der Materialkomposition wurden möglichst wenig unterschiedliche, jedoch lokal vorkommende und natürliche Materialien zu verwendet. Dadurch spiegelt sich die Umgebung in der verbauten Materialität des Innenraumes wider und schafft eine symbolische aber auch erfahrbare Ortsverbundenheit.
Die Balkone bekamen im Zuge der Erneuerung eine neue Gestaltung.

Vorbild für die baukulturell üblichen Verzierungen des Geländers sind dabei die imposanten Balkonverzierungen der alten großen Einfirsthöfe des Tals. Durch die Auswahl und Kombination der zusammengetragenen Stilelemente dieser Balkone entstand ein neuer Balkon der nun das neue Rathaus ziert.

Diese Einheit an historischer handwerklicher Gestaltungskunst steht sinnbildlich für die Einigkeit und den kulturellen Ursprung der Gemeinde.

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